Ludwigshafen. Meist bleiben Frauen* nach einer Vergewaltigung medizinisch unterversorgt. Scham und die Furcht, jemand könnte über ihren Kopf hinweg eine Strafanzeige erstatten, begleiten die Betroffenen. Auch den Weg in Fachberatungsstellen, in denen sie Unterstützung erhalten, finden viele Frauen* erst spät.

Das Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ soll zur Veränderung dieser Situation beitragen. Entwickelt wurde das Projekt 2013 vom Frauennotruf in Frankfurt am Main gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartner*innen. Es wird inzwischen in vier Bundesländern umgesetzt. In Rheinland-Pfalz nehmen bereits Mainz, Worms, Trier, Koblenz und Idar-Oberstein am Projekt teil. Nun entsteht in Ludwigshafen ein weiterer Standort.

„Wir freuen uns sehr, dass wir das Klinikum Ludwigshafen als wichtigen Kooperationspartner für das Projekt gewinnen konnten. Die Frauenklinik versorgt ab Dezember betroffene Mädchen* und Frauen* ab 16 Jahren zu jeder Tages- und Nachtzeit – unabhängig davon, ob sie Strafanzeige erstatten wollen oder nicht. Auch Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten erhalten die Betroffenen dort.“ berichten die Mitarbeiterinnen* von Wildwasser und Notruf Ludwigshafen e.V.

Der Verein betreibt eine Fachstelle gegen Sexualisierte Gewalt an Mädchen* und Frauen* und hat die Koordinierung des Projekts in Ludwigshafen am Rhein übernommen. Finanziert wird das Projekt durch das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus ist das Projekt auf Spenden angewiesen.

„Jede Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall! Ludwigshafen setzt mit diesem Projekt ein Zeichen, dass Frauen* und Mädchen*, die von Sexualisierter Gewalt betroffen sind, nicht allein gelassen werden.“ erklärt Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck.

„Gewalt gegen Frauen* und deren Folgen zu bekämpfen, verstehen wir als gesellschaftliche Verantwortung. Die adäquate medizinische Versorgung nach Vergewaltigung, mit oder ohne Anzeige, sehen wir als unseren Beitrag dazu.“ erläutert der Chefarzt der Frauenklinik PD Dr. Klaus Baumann und fügt hinzu: „Standardisierte Verfahren und umfassende Fortbildungen sind Teil des Projekts und für uns Mediziner*innen sehr hilfreich.“

Das Projekt beinhaltet auch die Möglichkeit, vertraulich Spuren sichern zu lassen. Auf Wunsch der Frauen* werden die Spuren im Klinikum gesichert und für ein Jahr in einem rechtsmedizinischen Institut aufbewahrt. In dieser Zeit können die Betroffenen entscheiden, ob sie Strafanzeige erstatten wollen oder nicht.

„Wichtig ist es vor allem, keinen Druck auf die Betroffenen auszuüben. Den meisten Frauen* und Mädchen* geht es zunächst nicht um eine Anzeige. Nach einer derart belastenden Situation gibt es häufig das Bedürfnis nach medizinischer Versorgung und einer zuverlässigen Anlaufstelle, die Unterstützung und einen Gesprächsraum anbietet, um das Erlebte einzuordnen. In der Klinik erhalten die Betroffenen erste Informationen zu unserem Beratungsangebot.“ berichtet Caroline Bonhage, Mitarbeiterin bei Wildwasser und Notruf Ludwigshafen e.V.

„Durch die begleitende Öffentlichkeitskampagne möchten wir möglichst viele Frauen* und Mädchen* erreichen. Hier ist ein großes Netzwerk gefragt: Egal ob Arztpraxen, Apotheken oder Gastronomie – je mehr Personen und Orte auf das Projekt aufmerksam machen, desto schneller können betroffene Frauen* Unterstützung erhalten!“ sind sich Heidi Wittmann und Tamara Niemes, die Gleichstellungsbeauftragten des Rhein-Pfalz-Kreises und der Stadt Ludwigshafen am Rhein, einig. Sie sind wichtige Kooperationspartnerinnen im Projekt und wollen ihre Netzwerke in der Arbeit gegen Gewalt an Frauen* mobilisieren.

„Wir freuen uns sehr, dass der Arbeiter-Samariter-Bund Kreisverband Ludwigshafen und die Robert-Koch Apotheke das Projekt unterstützen und bedanken uns für die Spenden vom Soroptimist International Club Ludwigshafen, der VR Bank Rhein-Neckar und der Sparkasse Vorderpfalz.“ fügen die Mitarbeiterinnen* von Wildwasser und Notruf Ludwigshafen e.V. hinzu.

 

Informationen zum Projekt finden Sie unter
www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de und unter
www.wildwasser-ludwigshafen.de/index.php/soforthilfe-vergewaltigung